Halide Ebcinoglu – SEO & SEM Consultant – Kubix Digital

Unser Q&A Format mit Fragen zu Learnings aus der Krise und momentanen Best Practices.

Brands  der letzten Veranstaltung

Covid-19 Learnings & Best Practices Interview Serie zu den Inbound Marketing Days

Hier unser Interview mit Halide zu aktuellen Erfahrungen mit der Corona-Pandemie.

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IMD: Bitte stell Dich für die, die Dich nicht kennen, kurz vor. Wer bist Du, was machst Du bzw Ihr?

Ich bin ein Suchmaschinen Marketer mit Leib und Seele und habe mittlerweile über 15 Jahren Erfahrung in Suchmaschinen-Marketing, Suchmaschinen-Optimierung und Business Development. Ich habe bei Google in Dublin gearbeitet, bevor ich meine eigene Agentur für Suchmaschinenmarketing gegründet habe.


IMD: Alles klar. Was waren Deine/Eure Erfahrungen in den letzten Monaten? Was hat sich durch Corona verändert?

Das Coronavirus hat nicht nur unser Leben und das Leben unserer Mitarbeiter stark beeinflusst, sondern auch das Leben unserer Kunden.

Da sich an dieser Situation leider in naher Zukunft auch, allen Prognosen zufolge, nicht viel ändern wird, müssen wir als Agentur mehr denn je versuchen, unseren Kunden die richtigen Dienstleistungen und die richtige Beratung anzubieten. Denn falsches wirtschaftliches Handeln in Krisensituationen kann einem Genickbruch gleichkommen und ist im Nachhinein auch nicht mehr gutzumachen.

Seitdem immer mehr Länder von Tag zu Tag das öffentliche Leben weiter einschränken und die Bevölkerung weitestgehend zuhause beleibt, mit dem Ziel, die Verbreitung das Coronavirus zu verlangsamen, hat sich bei all unseren Kunden, das Kunden(kauf)verhalten auf einem Schlag verändert. Konsumverhalten und Nachfrage sind nicht mehr dieselben, wie vor wenigen Tagen. Genau dieses Phänomen gilt es näher zu durchleuchten und zu verstehen.

Was erwartet unsere Kunden in der jetzigen Situation?
Muss ein Strategiewechsel im Vertrieb und Marketing her?
Sollte alles beibehalten werden und sollte man so weiterfahren wie bisher?
Kann man diese missliche Lage, diesen dramatischen Einschnitt, eventuell zu seinem Gunsten nutzen?
Oder ist man an einem Punkt angekommen, wo man sagt, bis hierhin und nicht weiter! Sollten wir lieber den Stecker ziehen und das Ganze aussetzen?


IMD: Frage 3: Was sind Deine größten Learnings aus dieser Zeit? Hast Du Tipps für unser Publikum?

Kapitulation der Tourismusbranche durch COVID-19?
Für viele touristische Unternehmen macht es keinen Sinn mehr, Suchmaschinenwerbung zu schalten, da sich die Suchen radikal verringert haben und mittlerweile fast gegen Null tendieren. Abgesehen von den nicht vorhanden Suchen, haben Länder und komplette Regionen Flugverbote erteilt, die Grenzen geschlossen und das Reisen generell extrem eingeschränkt. Unseren Kunden konnten wir leider keine bessere Nachricht überbringen. Wir sind im Endeffekt so verblieben, dass wir die Geschehnisse beobachten, in Kontakt bleiben und bei Veränderungen, die dem Kunden ein Aufnehmen der Arbeit wieder als sinnvoll erscheint, sofort reagieren.

Automobilbranche: Weiterhin ‚Business As Usual‘ oder Strategiewechsel?
Jetzt zu einem anderen unserer Kunden, diesmal aus der Automobilbranche. Es handelt sich hierbei um einen Distributor einer asiatischen Automarke. Auch in diesem Beispiel hat sich das Suchverhalten auf Suchmaschinen stark verringert.

Um der sinkenden Nachfrage gerecht zu werden und das vorhandene Werbebudget der jetzigen Lage angemessen anzupassen, haben wir uns mit dem Kunden dazu entschlossen im Bereich Google Ads Display Kampagnen und YouTube Kampagnen zu stoppen. Hinzu kommt, dass wir die ‚Local Ads‘ Werbung auch gestoppt haben, da es in der jetzigen Situation kein Sinn gemacht hätte, Suchende zu den Autohäusern weiterzuleiten, da in der jetzigen Lage zukünftige Autokäufer in der gegenwärtigen Situation einer Ansteckungsgefahr aus dem Weg gehen wollen.

Im Bereich SEO haben wir den Schwerpunkt von lokaler SEO auf Content-Generierung verlagert. Hier versuchen wir den Content-Bereich zu pushen, um Inhalte bereitzustellen, die von potentiellen Kunden in der jetzigen Situation gelesen werden.

In Newslettern, auf der eigenen Webseite, speziellen Landingpages, im Bereich Social Media etc. werden verschiedene Informationen mit den potentiellen Kunden und Bestandskunden geteilt, die von Interesse sein könnten. Es wird einerseits versucht weiterhin die Autos v.a. über die SM Kanäle so gut es geht auf „normale“ Art und Weise zu präsentieren (jedoch wird darauf aufmerksam gemacht, dass zwar Mobilität mit einem neuen PKW gut und schön ist, es momentan ratsam wäre lieber zu Hause zu bleiben), andererseits versucht man jetzt auch mehr auf Hygiene-Themen aufmerksam zu machen, indem man Tipps und Informationen teilt. Wie kann man das Interieur eines PKWs sauber halten bzw. desinfizieren? Es werden Informationen über Leihwagen der Marke geteilt, dass diese vor bzw. nach einer Miete komplett desinfiziert werden. Des weiteren teilt man Informationen, dass die Händler sich an sehr strenge Hygienevorschriften halten, also Kunden beispielsweise bei einem Servicetermin bzw. bei einer Reparatur sich keine Sorgen über Hygienemängel machen müssen.

Wegen der jetzigen Lage haben wir es unserem Kunden nahegelegt mehr Zeit in Branding und Social Responsibility zu stecken und weniger den Verkauf in den Vordergrund zu stellen. Genau das macht unserer Kunde jetzt auch und genau das ist die richtige Strategie auch in unseren Augen. Er versteckt sich nicht, er zeigt sich. Er zeigt, dass auch er seinen Beitrag dazu steuert, um der Corona-Pandemie so gut es geht entgegenzutreten.

Unser Kunde aus London: „Und wir dachten Brexit wäre das schlimmste, aber das übertrifft alles.“
Eines unserer englischen Kunden ist eine Sprachschule, die es bereits seit über 100 Jahren gibt. Diese Schule bietet normalerweise Englisch-Sprachkurse für Fachleute, Unternehmen und Organisationen sowie Trainings für Kommunikation von Führungskräften an. All diese Leistungen werden vor Ort in ihren Sprachschulen in England angeboten. Neben einer Vielzahl von Kunden aus dem Vereinigten Königreich, bezieht die Schule vor allem Kunden aus dem Ausland, so dass sich unser Kunde auch um deren Unterkünfte kümmert. Kurse reichen von einigen wenigen Tagen, über Wochen bis hin zu einigen Monaten. Das kommt natürlich ganz darauf an, was für Leistungen der Kunde von der Sprachschule bezieht.

Die erste einschneidende Hiobsbotschaft für die Sprachschule kam ein paar Wochen vor der Coronavirus-Pandemie. Unmittelbar nach der Entscheidung der Briten, die EU zu verlassen, hat sich dieses historische Ereignis direkt auf bestehende Buchungen und Buchungen neuer Kurse ausgewirkt.

Die Krise in der Krise (erst BREXIT, dann COVID-19)
Kaum hatte man sich an die Geschehnisse der Brexit-Entscheidung gewöhnt und versucht das Business weiterhin so gut es geht voranzutreiben, gab es vor ein paar Wochen erste Indizien dafür, dass ein weitaus größeres Problem mit gravierenden sozio-ökonomischen Konsequenzen vor der Tür stand.

Durch die Corona-Pandemie ist die globale Mobilität fast zum Erliegen gekommen. Länder schotten sich ab, Flüge werden annulliert, Menschen gehen nicht mehr außer Haus. Totaler Stillstand. Nichts geht mehr. Für unseren Sprachkurs-Kunden glich dieser Moment, wie das Ausgehen der Flugzeugmotoren während des Flugbetriebs. Das Flugzeug ist in den Gleitflug übergangen und hat allmählich angefangen an Höhe zu verlieren. Ein Wettlauf mit der Zeit begann.

Wer schnell handelt und sich anpasst, hat größere Chancen zu überleben: „Survival of the fittest!“
Gegenwärtig stellt unser Kunde komplett auf E-Learning um, und wir als Agentur stehen im engen Kontakt, sei es über E-Mail, Telefon oder Google Hangouts. Wir geben unserem Kunden Hilfestellung, wie er seine neuen Online-Produkte über alle verfügbaren Kanäle am besten kommunizieren und vermarkten kann. Basierend auf den Entscheidungen versuchen wir gegenwärtig unsere Google Ads Werbung anzupassen. Anzeigen-Texte, Suchbegriffe und Erweiterungen (callouts, sitelinks) werden dementsprechend optimiert. Location Extensions haben wir direkt komplett aufgehoben.

Retail-Kunden mit Offline-Stores haben es während der Corona-Krise extrem schwer
Als nächstes Beispiel möchte ich gerne einen unserer Retail-Kunden nennen. Jahr für Jahr stieg der Umsatz und der Gewinn über das Online-Geschäft. Hinzu kam, dass über die Webseite die Online-Beratungen stark angestiegen sind und potentielle Kundinnen ihre Termine in den verschieden Offline-Stores gebucht haben. Logischerweise ist ein Brautkleid-Sales-und-Service-Cycle alles andere als kurz. Es wird beraten, anprobiert, ausgesucht, gekauft, maßgeschneidert, wieder anprobiert, nachjustiert, nochmal anprobiert, vielleicht wieder nachjustiert und erst dann der Prozess abgeschlossen. Tja klar, man geht ja auch nicht jeden Tag ein Brautkleid kaufen. Aber wenn man es tut, dann kann man eine Menge über guten Kundenservice und “emotionalem Kaufen” lernen. Tatsächlich sind Frauen bereit, für ein Kleid, das sie in einem anderen Geschäft für billiger hätten kaufen können, mehr zu bezahlen – alles nur aufgrund der Art und Weise, wie die Verkäuferin eines Geschäfts die potentielle Kundin hat fühlen lassen. Dies fällt dann natürlich direkt flach mit der Covid-19 Pandemie.

16. März 2020 – und die Geschäfte sind zu!
Nachdem der Entschluss gefasst wurde Geschäfte und Shopping-Malls komplett zu schließen und nur noch Geschäfte offen zu lassen, die für die direkte Versorgung der Bevölkerung dienen, musste auch unser Kunde seine Geschäfte geschlossen halten, was dazu führte, dass von einem Tag auf den anderen der Offline-Umsatz weggebrochen ist.

Der einzige Store, der seit letzter Woche noch offen hat, ist der Online-Store, und genau hier kommen wir ins Spiel.
Auch bei diesem Kunden haben wir aufgrund der Corona-Pandemie auf den Krisenmanagement-Modus umgeschaltet, führen regelmäßig Gespräche und Telekonferenzen in 3 verschiedenen Zeitzonen, schreiben detaillierte E-Mails und versuchen, basierend auf den gegenwärtigen Geschehnissen, unsere Serviceleistungen zu optimieren. Ziel ist es, mit verschiedenen Ansätzen den Onlineverkauf am Leben zu erhalten.

Bevor die Coronavirus-Krise voll eingeschlagen ist, waren kostenlose Warensendung bis zu einem bestimmten Warenwert nicht kostenfrei. Seit der Krise wird jeder Versand kostenlos vollzogen, egal, wie hoch oder niedrig der Warenwert ist. Des weiteren übernimmt die Marke alle Retourkosten. Genau diese Maßnahmen werden jetzt gerade auch weltweit in der Retailbranche umgesetzt.

Obwohl es zu einem Gewinn- und zu einem Umsatzeinbruch wegen der geschlossenen Geschäfte gekommen ist, hat die Marke zusätzlich die Preise im Onlinestore im Durchschnitt um 30% reduziert, damit potentielle Kundinnen einen weiteren Anreiz erhalten, um im Online-Store zu kaufen.

Wie schon oben geschrieben, handelte es sich beim Kauf von Brautkleidern, um einen längeren Prozess, da viele Faktoren, wie bei anderen Produkten auch, eine Rolle im Kaufprozess spielen. Hinzu kommt jedoch, dass ein Brautkleid „normalerweise‘ einmal im Leben gekauft und getragen wird. Aus diesem Grund sind die Entscheidungsfindung, das Abwägen und der finale Kauf ein etwas detaillierterer Prozess. Da aber die Offline-Stores nicht mehr geöffnet haben, sind wir gemeinsam mit unserem Kunden zum Entschluss gekommen, im Onlinebereich die etwas schlichteren Brautkleider mehr zu bewerben, also die Art von Brautkleidern, bei denen der Kaufprozess unkomplizierter ist. Da es sich bei den Kleidern vom Preis her auch um preiswertere Produkte handelt, erhofft man sich, den Umständen entsprechend, einen guten Verkauf über den Online-Store.

Anpassungen und kundennahen Lösungen waren erforderlich, die später die Marke noch weiterhin wettbewerbsfähig sein lassen wird. Klar ist, dass bei der Kaufentscheidung von genau diesen “emotional-behafteten” Produkten es wichtig ist, jetzt die Retouren-Zeiten zu verlängern und auf seiten der Kundinnen zu begeben. Das führt zu intensiven Bindungen und Markenloyalität.

Da wir unseren Kunden auch im Bereich SEO unterstützen, konnten wir anhand fortlaufender Keyword-Recherchen erkennen, dass seit Ausbruch des Coronavirus und seit Schließung der Geschäfte, sich neben dem Kaufverhalten auch das Suchverhalten potenzieller Kundinne verändert hat. Basierend auf dieser Tatsache, haben wir unserem Kunden den Vorschlag gemacht eine spezielle FAQ-Seite zu erstellen, die explizit die Themen erörtert und die Fragen beantwortet, die in direktem Bezug zu den Geschehnissen zum Coronavirus stehen. Hier werden Kundinnen über Themen wie kostenloser Versand, kostenlose Retouren, Garantien, Maß-Änderung der Kleider, Hygienestandards bei Produktion und Versand und über eine Vielzahl anderer Themen aufgeklärt. Das Bereitstellen informativer, relevanter und aktueller Inhalte führt zu einer besseren User-Experience, beantwortet Fragen und hilft den Kundinnen sich richtig zu entscheiden.

Die Corona-Pandemie ein Alptraum für Unternehmen – Das gilt aber nicht für alle
Man mag es kaum glauben, aber wie in jeder Krise gibt es nicht nur Unternehmen, die sich z.T. schwertun und Schwierigkeiten haben, sondern ganz im Gegenteil auch Unternehmen, deren Business mehr denn je floriert. Auch wir haben Kunden, die sich über gestiegenen Umsatz, gestiegene Verkäufe und einem positiven ROI freuen können.

Einer unserer Kunden ist spezialisiert in E-Learning-Produkte für Kinder und bietet pädagogische Ressourcen und hochwertige Lernprogramme an. Hier lernen Kinder auf der ganzen Welt spielerisch neue Sprachen. Anfang März haben wir schon einen Anstieg der Online-Umsätze im Bereich Google Ads verzeichnen können, jedoch stieg der Online-Umsatz jetzt exponentiell. Vor allem haben sich Abverkäufe in den letzten 2 Wochen fast vervierfacht. Aus diesem Grund haben wir das Google-Ads-Budget dem Suchpotenzial angepasst und angefangen weitere internationale Märkte zu bewerben.

Bei diesem Kunden können wir zu 100% sagen, dass sich die Coronavirus-Krise und die weltweite Schließung von Schulen nicht als Krise, sondern als Umsatzbeschleuniger ausgewirkt hat, da Eltern mit Lernprogrammen wie diesen versuchen, den fehlenden Unterrichtsstoff zu kompensieren und der Versuch unternommen wird Kindern produktive Inhalte über Endgeräte, während ihrer Zeit zu Hause, zur Verfügung zu stellen.

Durchhalten und bloß nicht den Fokus verlieren
Basierend auf Telefongesprächen und Telekonferenzen mit Kunden, anderen Agenturen, Freunden und Bekannten, die auch wie wir im digitalen Bereich tätig sind, kann ich nur sagen, dass die Bereitschaft aller involvierten Parteien sehr hoch ist, diesen Alptraum gemeinsam so gut es geht durchzustehen.

Vorausschauendes unternehmerisches Handeln – Darauf kommt es an und zwar JETZT!
Da wir uns alle in einer vorher nie dagewesenen Situation befinden und wir davon ausgehen können, dass diese nicht unendlich gehen wird, müssen wir als digitale Agentur, aber auch unsere Kunden, also gemeinsam, uns Gedanken machen, wohin die Reise geht, um zukünftig wieder in den Normalmodus wechseln zu können.

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