Als ich vor über 15 Jahren ins B2B-Marketing einstieg, war die Welt noch ziemlich schwarz-weiß: Entweder man setzte auf Inbound – mit Whitepaper, Webinaren, SEO – oder auf Outbound mit Messen, Printanzeigen und Cold Calling. Ich erinnere mich gut: Inbound galt als der neue Heilige Gral, Outbound wurde vielerorts als überholt abgestempelt.
Heute, nach über 100 Projekten in mehr als 25 Branchen zeigt sich immer deutlicher: Die klassische Trennung zwischen Inbound und Outbound wird der Realität im B2B-Marketing nicht mehr gerecht – nachhaltiges Wachstum entsteht dort, wo beide Ansätze sinnvoll miteinander verknüpft werden.
Moderne B2B-Kaufprozesse sind nicht linear. Sie verlaufen multikanalig, fragmentiert und erfordern ein vernetztes Denken. Content darf nicht mehr nur als SEO-Asset gedacht werden, sondern muss gleichermaßen Inbound und Outbound unterstützen. Jeder Touchpoint entlang der Customer Journey zählt – wenn er richtig orchestriert ist.
In diesem Beitrag zeige ich, warum B2B-Unternehmen ihre Strategien endlich ganzheitlich denken müssen – und wie das konkret aussieht.
Klassische Inbound- und Outbound-Maßnahmen im B2B – mit Vor- und Nachteilen
Bevor wir Inbound und Outbound als Gegensätze oder als Einheit diskutieren, lohnt sich ein Blick auf die bewährten Maßnahmen im B2B-Marketing. Beide Welten bieten starke Werkzeuge – mit eigenen Chancen, aber auch typischen Grenzen. Die folgende Übersicht zeigt, welche Kanäle und Formate wo punkten – und worauf es in der Praxis ankommt.
Inbound-Marketing
Vorteile & Nachteile
| Maßnahme | Vorteile | Nachteile |
| SEO / Content Marketing (Blog, Whitepaper, Guide) | Langfristig wirksam, stärkt Autorität, gute Skalierung | Zeitintensiv im Aufbau, später ROI |
| E-Mail-Marketing (Newsletter, Lead Nurturing) | Automatisierbar, personalisierbar, messbar | Abhängigkeit von sauberer Liste und Strategie |
| Webinare & Podcasts | Thought Leadership, hohe Zielgruppenbindung | Aufwändig in der Vorbereitung, schwierig skalierbar |
| Website-Optimierung / Conversion UX | Kontinuierlich messbar, skalierbar | Technischer Aufwand, benötigt Datenbasis |
| Social Media (organisch, LinkedIn) | Sichtbarkeit, Dialog mit Zielgruppe, Mitarbeiter als Markenbotschafter | Organische Reichweite ist oft limitiert |
| Suchmaschinenoptimierung (SEO) | Nachhaltige Sichtbarkeit, hohe Glaubwürdigkeit | Lange Vorlaufzeit, hoher Wettbewerbsdruck |
Outbound-Marketing
| Maßnahme | Vorteile | Nachteile |
| Cold Calling / Telefonakquise | Direkt, sofortiges Feedback, gut für komplexe Produkte | Ablehnung, hoher Schulungsaufwand, rechtliche Hürden (DSGVO) |
| E-Mail-Outreach / Sequences | Skalierbar, automatisierbar, personalisierbar | Spamgefahr, gute Adressqualität erforderlich |
| Print-Mailings / Postkarten | Haptisch, hoher Erinnerungswert, gute Öffnungsrate | Teuer, schlecht messbar, längere Vorlaufzeit |
| Veranstaltungen / Messen | Direkter Kundenkontakt, Leadqualität hoch | Sehr kostenintensiv, zeitlich begrenzt |
| Bannerwerbung / Online-Anzeigen (Display Ads) | Reichweite, skalierbar, Targeting möglich | Bannerblindheit, Ad-Blocker, geringe Conversion |
| Fachportale / Sponsored Content / Advertorials | Zielgruppenpräzise, Reichweite & Autorität | Kostspielig, nur mit gutem Content effektiv |
Brand Awareness im B2B als Erfolgsfaktor für Kanalwahl und Strategie
Wie sichtbar ist dein Unternehmen aktuell? Die Höhe der Brand Awareness ist ein zentraler Faktor für die Auswahl der richtigen Marketingstrategie. Denn:
Hat dein Unternehmen bereits einen starken Namen am Markt, greifen Inbound-Kanäle schneller.
Ist dein Unternehmen in einem engen Nischenmarkt aktiv, brauchst du gezieltes Outbound.
In wettbewerbsintensiven Umfeldern ist eine starke Marke Voraussetzung, um überhaupt wahrgenommen zu werden.
Strategie-Empfehlung nach Bekanntheitsgrad:
| Bekanntheitsgrad | Strategieempfehlung |
| Niedrig | Fokus auf Outbound (Cold Calling, Paid Ads), Inbound parallel aufbauen |
| Mittel | Kombiniertes System: Thought Leadership stärken, Content + Outbound abstimmen |
| Hoch | Fokus auf Inbound, Community, Referenzen, Advocacy-Programme |
Inbound vs. Outbound: Zwei Pole, ein System
Die Idee, dass ein Unternehmen sich für „Inbound oder Outbound“ entscheiden müsse, ist überholt. Beide Strategien gehören zusammen.
Buyer Journeys sind hybrid.
Inbound bringt langfristige Sichtbarkeit.
Outbound liefert direkten Zugang zum Markt.
Ein echter Growth-Ansatz denkt in Verknüpfung statt Trennung.
SPECIAL: Go-to-Market – Wenn Geschwindigkeit zählt
Typische Outbound-Taktiken:
- E-Mail-Sequenzen
- Telefonische Qualifizierung
- Retargeting Ads
- Custom Audience Kampagnen
Inbound läuft parallel durch:
- gezielte Landingpages
- SEO-Themencluster
- Thought Leadership Content
Inbound kann mittelfristig durch Outbound-Umsätze mitfinanziert werden.
Content = Inbound & Outbound zugleich – und das ist kein Zufall, sondern System
Content ist nie nur Inbound oder nur Outbound. Gute Themen funktionieren in beiden Welten – mit unterschiedlicher Verpackung.
Beispiel aus der Praxis: Ein Thema, viele Formate, zwei Strategien
Inbound-Formate
| Format | Ziel |
| Blogartikel | SEO & Sichtbarkeit |
| Evergreen-Content | Dauerhafte Autorität |
| Whitepaper | Leadmagnet & Expertise |
| Webinaraufzeichnung | Deep Insights |
| LinkedIn-Posts | Reichweite & Engagement |
Outbound-Formate
| Format | Ziel |
| Whitepaper im Cold E-Mail Template | Relevanz schaffen |
| Grafiken & Argumente | Sales-Unterstützung |
| Infografik als DM | Einstieg in Gespräche |
| Use Case | Relevanz + Proof |
| Checkliste | Follow-up Struktur |
Content-Recycling = Effizienz und Konsistenz
| Ausgangsformat | Wiederverwertbare Formate |
| Whitepaper | Blogposts, LinkedIn-Posts, Sales-Flyer |
| Webinar | Videoclips, Zitate, Podcast |
| Blogartikel | Checkliste, E-Mail-Sequenz |
| Use Case | Präsentation, Testimonial, Mail-Anhang |
Fazit
Inbound oder Outbound? Die Antwort lautet: Beide Strategien müssen zusammengeführt werden. Strategisches B2B-Marketing 2025 ist kanalübergreifend, datenbasiert und denkt von der Buyer Persona bis zur Kundenbindung.
Marketing, Vertrieb und Customer Success müssen gemeinsam als Revenue-Team agieren, um jeden Touchpoint zu einem Wachstumstreiber zu machen.